Diese Frage stellt sich wohl jede Reitschülerin. Die Antwort hängt von vielen Faktoren ab: Was versteht die Schülerin unter Reiten, welches Reiten strebt sie an? Geht es darum für das Reiten im Gelände die Grundgangarten zu schulen und die Hilfen so weit, dass man gefahrlos ins Gelände kommt? Oder will sie nur an einer einzelnen Lektion arbeiten? Soll über Grundlagen hinaus an den Lektionen gearbeitet werden? Wie ist der Ausbildungsstand der Reiterin wie der des Pferdes, welche Erfahrungen sind vorhanden, welche Fehler haben sich bereits verfestigt. Und natürlich auch, wie es um den Fleiß und die Konsequenz der Schülerin in der eigenständigen Arbeit steht. In all den Möglichkeiten feste Ausbildungszentren zu nennen ist unmöglich. Im folgenden beschränke ich mich auf die Ausbildung einer Reitschülerin mit wenig oder keiner Vorerfahrung.

Und noch eine Vorbemerkung: Ein Pferd kann nicht nicht lernen!! Anders ausgedrückt: Auch wenn man sich ein gut ausgebildetes Pferd kauft, heißt das nicht, dass der Ausbildungsstand so erhalten bleiben muss. Ganz einfach, weil man als Reitanfänger (und auch noch später) zwangsläufig Fehler macht, die das Pferd aber nicht als Fehler interpretiert. Es versucht einfach das Beste daraus zu machen und lernt eben neu. Das bedeutet, dass man den „gekauften“ Ausbildungsstand immer wieder herstellen muss. Und das erfordert einen zusätzlichen Zeitaufwand und geht ohne Lehrer nicht.

Ich fange mit folgender Situation an: Eine junge Frau hat sich einen Herzenswunsch erfüllt und sich ein (mehr oder weniger ausgebildetes) Pferd gekauft. Kann sein, dass sie schon etwas Erfahrung aus ihrer Kindheit mitbringt, kann aber auch sein, dass sie noch gar keine Erfahrung mit Pferden hat. In diesem Fall bietet es sich an, in kurzen Intervallen (1 bis 2-mal pro Woche) Stunden zu vereinbaren, um die grundlegenden Hilfen zu erarbeiten. Der Reitlehrer sollte in der Lage sein, Fehler zu berichtigen, bevor sie sich verfestigen. Bis also der Schüler selbständig arbeiten kann, würde ich einen Zeitraum von mindestens 3 bis 6 Monaten ansetzen. Natürlich hängt dieser Zeitrahmen auch vom Ausbildungsstand des Pferdes ab.

Im weiteren Verlauf der Ausbildung, wenn es darum geht, das Erlernte zu festigen und auszubauen, kann man die Intervalle zwischen den Stunden variabel gestalten, weil es jetzt mehr um den Fleiß der Schülerin geht und der Reitlehrer hauptsächlich den Fortgang der Ausbildung überwachen muss.

Aber mit der Schulung der grundlegenden Hilfengebungen ist nur ein erster Grundstein gelegt. Bei der Erarbeitung von (zunächst grundlegenden) Lektionen sind der Schüler und der Lehrer wesentlich stärker gefordert: Es geht nicht mehr um den prinzipiellen Einsatz der Hilfen, sondern um die Synchronisation von Hilfen mit der Balance des Reiters. Was in dieser Phase gefragt ist, ist die Vorstellungskraft des Schülers, die Schulung seiner Körperwahrnehmung und seiner Balance. Gleichzeitig steht jetzt der Stand der Ausbildung des Pferdes im Vordergrund. Denn jetzt wird in vielen Fällen der Schüler zum Ausbilder seines Pferdes – oder muss es zwangsweise werden. Für diese Phase eine bestimmte Zeitspanne zu nennen ist nur sehr grob möglich: Ich würde den Zeitraum mit ca. 2 bis 3 Jahre angeben. Je nach Ausbildungsstand des Pferdes und dem Geschick der Reiterin.

Am Ende dieser Phase sollten Reiter und Pferd so weit sein, sich ohne Verspannung in den Grundgangarten sowohl auf geraden wie gebogenen Linien (Zirkel, Volten, Schlangenlinien) zu bewegen.

Der darauffolgende Ausbildungsabschnitt beinhaltet die Vor- und Hinterhandwendung, die Seitengänge und, wenn man denn will, die Galopp-Pirouetten, sowie Piaffe und Passage. Dafür eine Zeitspanne anzugeben ist praktisch nicht möglich.

Man kann es Drehen und Wenden wie man will, eine starre Stundenregelung kann nicht das Maß für einen effizienten Unterricht sein. Und auch etwas längere Pausen können in der Ausbildung für das eigene Training und die selbständige Arbeit durchaus nützlich sein.

Die logische Folge sind variable Stundenvereinbarungen. Je nach dem Stand der Ausbildung, dem Schwierigkeitsgrad der Lektion und den Vorkenntnissen legen der Lehrer und der Schüler fest, wie viele Stunden in variablen Zeitabschnitten voraussichtlich gebraucht werden. In der Anfangsphase des Unterrichts können eine bis zwei Stunden pro Woche angebracht sein.

Die Dauer der anschließenden Übungsphase muss der Schüler selbst bestimmen. Nur er weiß, wie viel Zeit er sich für das Üben nehmen kann und will. Dann sollte eine Überprüfung des Lehrstoffes stattfinden. Die Lektion muss dabei nicht perfekt erarbeitet sein, aber der Reitlehrer sollte erkennen können, ob in der Übungsphase korrekt gearbeitet wurde. Daraus ergibt sich dann die weitere Vorgehensweise: Entweder muss die Übungsphase verlängert werden, oder man kann die nächste Phase „in Angriff“ nehmen.

Reisch, 19.03.2022