Bin ich der Partner meines Pferdes? Ist mein Pferd mein Partner? Was versteht man eigentlich unter Partnerschaft? Partner sind „Personen oder Institutionen, die gemeinsam ein Ziel verfolgen“ und „die eine gewissen Gleichwertigkeit in ihrer Beziehung auszeichnet“ [1]. Es geht also nicht um Zuneigung oder Fürsorge, sondern um Gleichwertigkeit in der Verfolgung eines gemeinsamen Zieles.

Sind wir, mein Pferd und ich, gleichwertig? Hat mein Pferd das gleiche Ziel wie ich? Welche Ziele hat mein Pferd?

Ein Pferd ist auf uns angewiesen. Es gehört uns, wir haben es käuflich erworben. Kann man einen Partner käuflich erwerben? Es ist auf unsere Hilfe angewiesen, denn wir sorgen für das Pferd – nicht das Pferd für uns. Wir bestimmen, ob und wann wir es reiten oder mit ihm Spazierengehen – nicht das Pferd. Wir sperren es abends in eine Box – nicht das Pferd uns. Die Beziehung von Pferd und Mensch ist alles andere als gleichwertig. Sollen wir so tun als wäre das gar nicht so?

Und damit tut sich eine tiefe Kluft auf zwischen der Welt der Pferde und der Welt der Menschen. Trotz aller Gemeinsamkeiten, wie z. B. der Fähigkeit Angst zu haben, Freunde zu brauchen, lernfähig und neugierig zu sein. Pferde und Menschen sind keine Partner! Um es ganz klar und auch etwas provokativ zu sagen, das Verhältnis zwischen Menschen und Pferden ist das von Herren und Knechten. Kein Mensch behauptet, dass ein Herr seinen Knecht nicht schätzen und respektieren, ja sogar lieben kann, dass er sich nicht um ihn sorgen dürfte. Trotzdem: wir können jederzeit willentlich aus unserer Rolle aussteigen, das Pferd kann es nicht. Wir haben die Verantwortung für es, nicht das Pferd für uns.

Für uns erwächst daraus eine Verantwortung, die weiter geht, als nur für Futter und Unterkunft zu sorgen. Denn je mehr wir unseren „Knecht“ verstehen, seine Bedürfnisse begreifen, sie uns bewusst machen, umso harmonischer und befriedigender wird unsere Beziehung sein.

Man kann es drehen und wenden, wie man will, Pferd und Mensch gehen zwar sehr wohl eine Beziehung ein, aber sicher keine Partnerschaft.

Und wie sieht das ein Pferd? Pferde sind Fluchttiere, leben in Herden mit hierarchischen Regeln, verteilten Aufgaben, individuellen Freundschaften und kommunizieren (hauptsächlich) über die Körpersprache. Das ist (vereinfacht) die Welt eines Pferdes. Können Pferde eigentlich über die Grenzen der eigenen Spezies hinaus Verhalten verstehen, es sich eventuell sogar aneignen? Verstehen uns Pferde? Haben Pferde ein „Ich-Bewusstsein“? Sie versuchen zu ihrem eigenen Nutzen mit den komischen, unbeholfenen Zweibeinern umzugehen und sie körpersprachlich zu verstehen. Mehr nicht.

Aber ein Pferd wird einen Menschen sehr wohl nach Dominanzkriterien beurteilen. Es kann nicht anders. Und darin spielen Unter- und Überordnung eine wesentliche Rolle. Und so unterschiedlich Menschen sind, sind es auch Pferde. Nicht jedes Pferd will die Führung übernehmen.

Und die Freundschaft? Pferde schließen Freundschaften auf Grund von individuellen pferdischen (!) Merkmalen und Besonderheiten. Deshalb wird ein Mensch auch nie ein wirklicher Freund für ein Pferd sein – es hapert schon an der Kommunikation. Aber ein Pferd wird „Gesten der Freundschaft“ wohl verstehen, wenn sie auch so gemeint sind.

Auch wenn wir unsere Pferde lieben, wir sind keine Pferde und werden auch keine. Und die „Zweierherde Pferd – Mensch“? Ganz einfach, es gibt sie nicht. Aber es gibt wohl Beziehung in der Gemeinschaft von Pferd und Mensch, die wesentlich durch unser Verhalten geprägt ist. Das Vertrauen zwischen Reiter und Pferd und die daraus resultierende Beziehung ist die Basis für unser Verhältnis zu einem Pferd.

Es geht in der Beziehung zwischen Menschen und Pferden um Unter- und Überordnung – also sollte man es auch so nennen. Ohne beschönigende Umschreibungen, die mit der Realität nichts zu tun haben. Ohne Vermenschlichung, wo es nichts zu vermenschlichen gibt.

Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass wir ein Pferd nicht dafür verantwortlich machen können, wie es sich verhält. Ob ein Pferd kooperativ ist oder nicht, liegt an uns. Und nur an uns. Genauso wie es an uns liegt, wenn ein Pferd uns z. B. zur Seite drängt oder beim Aufsteigen nicht stehen bleibt.

Wir alle wollen ein Pferd, das uns vertraut. Vertrauen ist der „Kitt“ für jede Beziehung. Vertrauen kann man nur dem, der berechenbar ist. Haben wir den Mut, einem Pferd zu vertrauen? Wie steht es mit unserer Angst vor einem Kontrollverlust aus? Wie sehr beeinflusst unser Misstrauen unsere Körperhaltung und die Zügelführung? Wie sehr nehmen wir unsere Zuflucht im Ziehen am Zügel (egal ob wir gebisslos oder mit Gebiss reiten) statt uns und unser Pferd zu schulen und auszubilden, um erst gar nicht ziehen zu müssen. Wenn wir etwas für unser Pferd tun wollen, dann sollten wir bei uns selbst anfangen und uns darin schulen, das Bewegungsgefüge eines Pferdes zu erfühlen und verstehen. Üben wir uns in unserer eigenen Souveränität und unserer Körperbeherrschung auch in schwierigen Situationen.

Es wäre wirklich zu schön, gäbe es diese Partnerschaft, dieses „innere Verstehen“ zwischen Menschen und Pferden. Aber ich bin sicher, es ist nichts weiter als ein Traum.

Bleiben wir lieber in der Realität: Arbeiten wir mit unserem Pferd in einer positiven Grundstimmung! Aber so, dass es uns verstehen und damit auch vertrauen kann.

Reisch, 25.01.2022

[1] Wikipedia